"
Maria und das Wort"
Das marianische Dokument des GK 2013

Die Zeichen erkennen.


Wer sich auf der Suche nach dem Geist Gottes der begleitenden Wirkung des Wortes eröffnet, soll auf eine Reihe von Zeichen, die der Alltag mit sich bringt, aufmerksam sein. Selbst das Zweite Vatikanische Konzil erinnert an diese Haltung der Aufmerksamkeit auf die Zeichen der Zeit (vgl. Gaudium et Spes 4). Das Servitendokument betrachtet einige Zeichen, die den Lebensweg der Mutter Jesu mitgestalten. Diese Zeichen sind hauptsächlich Personen, die von der Treue und der Macht Gottes sprechen. Als erstes Zeichen wird hier die Begegnung Mariens mit Elisabeth und ihrem Kind erwähnt. Die Frucht dieser Begegnung ist das Magnificat, eine Art Austausch von Heilserfahrungen unter Gleichgesinnten. Gleichzeitig wird in ihm eine erzieherische Verantwortung und Herausforderung der werdenden Mütter spürbar: Die bis jetzt vollbrachten Heilswerke Gottes sollen in Zukunft auch durch ihre Kinder fortgesetzt werden. Ein anderes Zeichen wird in Josef, dem Bräutigam Mariens, erkannt, der seine Braut mit ihrem Kind annimmt und sich väterlich als gerechter und rechtschaffener Mann um sie beide kümmert. Diese familiäre Bindung wird im weiteren Zeichen deutlich, im Zeichen Betlehems, wo sich Josef mit Maria, seiner Frau, eintragen lässt. In dieser unbedeutender Stadt wird den Schriften zufolge der Messias geboren. So wird Betlehem zum Zeichen der Erhöhung für die Kleinen und Ausgegrenzten. Unter diesen sind besonders die Hirten hervorgehoben, welche ebenso zum Zeichen werden. Sie sind die ersten Empfänger der Frohbotschaft über die Geburt des verheißenen Erlösers, der - zur Überraschung aller - ihr Los teilt.

Etwas später kommen zwei andere Personen in die Reihe der wahrzunehmenden Zeichen im Leben Mariens. Es ist die prophetische Bestätigung über das Kind Mariens im Tempel aus dem Munde des Greisen Simeon und der betagten Anna. Die Eltern Jesu werden von dem alten Prophetenpaar an das Schwert erinnert, nämlich an die Erfahrung des Schmerzes, der besonders das Kind und die Mutter treffen soll. Gleichzeitig wird das Kind zum Licht erklärt, das die Völker erleuchtet. Diese Prophetie bedeutet, dass sowohl für die Gläubigen als auch die Nicht-Gläubigen eine Neupositionierung im Lichte Christi zu erwarten sein wird. Josef und Maria werden bald mit solcher Neupositionierung im Glauben konfrontiert, wenn sie ihren zwölfjährigen Sohn im Tempel wiederfinden. Das Servitendokument spricht hier von einem weiteren Zeichen im Leben Mariens: Dem Zeichen einer neuen Art und Weise "erwachsen" zu sein. Jesus, der sich von seinen Eltern trennt, begibt sich auf die Suche nach seiner Berufung und seiner wahren Identität. Er will seinem wahren Vater begegnen, dessen Wohnung er im Tempel vermutet. Dieses neue Selbstbewusstsein Jesu wirkt sich auch auf den Glauben seiner Eltern aus; sie müssen immer mehr zur Kenntnis nehmen, dass ihr Kind, das als "Sohn des höchsten Gottes" angekündigt wurde (Lk 1,32), einen neuen Weg des Glaubens gehen wird. Ab diesem Moment des Erwachsenwerdens Jesu wird die physische Anwesenheit seines Ziehvaters Josef in den Evangelien nicht mehr erwähnt. In Bezug auf seine Mutter aber setzt Jesus das Zeichen seines Erwachsenseins bei der Hochzeit zu Kana. Die Anredeform Jesu "Frau" gegenüber seiner Mutter und die Andeutung auf seine "Stunde" lässt die Entstehung einer neuen Beziehung zwischen dem Sohn und der Mutter erahnen; es geht um eine Glaubensbeziehung, in der Jesus seine messianische Aufgabe wahrnimmt und Maria sich in die Schar seiner Jünger einreiht. In diesem Sinne klingen auch die letzten Worte Mariens in den Evangelien: "Was er euch sagt, das tut" (Joh 2,5). Ab diesem Moment begegnen wir in den Evangelien nur noch einer "schweigenden" Maria. Das Schweigen Mariens weist aber auf den schwierigen Glauben hin, der sogar ihr mütterliches Gefühl herausfordern wird, wie z.B. bei der Ankündigung der "neuen Familie" Jesu (Mk 3,31-35).

Sowohl der schwierige Glaube als auch die neue Familie sind weitere Zeichen in der Glaubensschule Mariens. Im weiteren Teil betrachtet das Dokument die Ordensfamilie der Serviten und Servitinnen, denen auf ihrem Weg der Nachfolge Christi lebendige Zeichen des Auferstandenen gegeben wurden, vor allem Maria und die heiligen Sieben Väter. Aus ihrem Glaubenszeugnis wird deutlich, dass die Nachfolge eine erzieherische und formende Entscheidung für ein Leben nach dem Geist bedeutet: Sich vom Geist des Evangeliums formen und erziehen zu lassen und selbst ein lebendiges Beispiel der Verkündigung zu werden. Darüber hinaus macht das Dokument noch auf die Unplanbarkeit der Nachfolge aufmerksam, die sich immer dann erfahren lässt, wenn wir auf unserem Glaubensweg mit dem Unerwarteten konfrontiert werden.

fr. Fero M. Bachorík OSM